Palma de Mallorca. Es ist jeden Abend das gleiche Bild – und das nun bereits seit mehr als fünf Wochen: Um 20 Uhr wird die Stille der Ausgangssperre in Spanien jäh durchbrochen. Jeden Abend zur gleichen Zeit treten die Spanier an die Fenster ihrer Wohnungen, auf die Balkone oder auch einmal kurz auf die Straße. Ob in Madrid, Barcelona oder auf Mallorca wird dann lautstark geklatscht und gefeiert. In den ersten Wochen beklatschten die Spanier so vor allem die Helden der Coronakrise: Krankenschwester, Ärzte, Polizisten, Supermarktmitarbeiter. Mittlerweile bejubeln sich die Spanier auch selbst und machen sich in den schwierigen Zeit Mut. Denn Spanien ist das Epizentrum der Corona-Pandemie in Europa. Nirgends gib es mehr Corona-Fälle.

Fast vom ersten Tag an hallte beim allabendlichen Klatschen auch ein Song durch die Straßen Spaniens, der Mut macht: „Resistiré“, was übersetzt so viel wie „Ich werde durchhalten“ bedeutet. Das Lied war ursprünglich Teil eines 1988 erschienenen Albums der Pop-Band Dúo Dinámico, und gehörte zum Soundtrack des Films „Átame“ von Pedro Almodóvar. 

Doch der Text des 32 Jahre alten Songs passt so gut in die Zeit der Pandemie, als sei er eigens dafür komponiert worden: „Wenn ich einsam schlafe“, „Wenn die Ausgänge für mich verschlossen sind“, „Wenn ich Angst vor der Stille habe“ oder „Wenn die Welt all ihren Zauber verliert“ heißt es in dem Lied. In einem hoffnungsvollen und starken Refrain entlädt sich schließlich all‘ der Frust über die Folgen der Pandemie: Was auch immer passiert, ich werde mich nicht unterkriegen lassen.

Der Song gilt in Spanien mittlerweile als so etwas wie die offizielle Anti-Corona-Hymne – und wird im ganzen Land frenetisch gefeiert. Während in den ersten Tagen noch das Original von Balkonen klang, singen die Spanier mittlerweile eine neue Version des Schlagers mit.

Denn auf Anregung des spanischen Radiosenders „Cadena 100“ nahmen mehr als 50 spanische Profi-Musiker den Song neu auf. Unter ihnen auch der in Deutschland sehr erfolgreiche spanisch-deutsche Popsänger Álvaro Soler sowie Blas Cantó, der Spanien in diesem Jahr eigentlich beim mittlerweile abgesagten Eurovision Song Contest (ESC) in Rotterdam vertreten sollte. Gemeinsam mit ihren Kollegen spielten die beiden Sänger die neue Version des Liedes ein – und das jeweils in ihren eigenen vier Wänden, schließlich herrscht in ganz Spanien seit dem 15. März eine strikte Ausgangssperre.

Alle Musiker schickten ihre Aufnahmen an den Produzenten Pablo Cebrián, der aus dem Material einen energiegeladenen Song inklusive Video bastelte – und das mit durschlagendem Erfolg. Seit dem 1. April wurde das Video bei Youtube bereits mehr als 20 Millionen Mal aufgerufen (Stand: 18. April 2020).

Alle Erlöse aus dem Song fließen übrigens an das katholische Hilfswerk Caritas. Alle Musiker verzichten auf Gagen und auch Manuel de la Calva und Ramón Arcusa, die Komponisten und Urheber des Originals, haben die Rechte an ihrem Song an die Stadt Madrid abgetreten. Die Einnahmen, die der Song generiert, sollen der schwer vom Coronavirus getroffenen Metropole Madrid im Kampf gegen die Pandemie helfen.

Den Menschen in Spanien hilft der Song als moralische Unterstützung auf jeden Fall. Und so wird er wohl auch die nächsten Wochen beim allabendlichen Klatschen weiter durch die Straßen hallen. In Madrid, Barcelona oder auf Mallorca.